tot / Tod
5 Interviews
Tariq
Hast du dir schon mal über den Tod Gedanken gemacht?
Gedanken? Ja, also ich rede darüber. Mit Freunden. Wer
gestorben ist oder wer sterben wird. Also, das ist nicht das
erste Mal, dass ich über das Thema rede.
Ihr macht euch Gedanken darüber, wer sterben wird?
Ja klar. Besonders über Freunde und Familie, die in Syrien
sind. Wir denken gemeinsam darüber nach, dass man die
Leute vielleicht nie wieder treffen kann. Denn ich kann nicht
dorthin, die können nicht hierher kommen. Und sie werden
irgendwann sterben.
Liegt das daran, dass der Tod dort präsenter ist?
Ja klar. Man hat mehr Möglichkeiten dort.
Eines nicht natürlichen Todes zu sterben?
Das ist das Problem. Ein natürlicher Tod ist ganz normal.
Jeder stirbt, irgendwann.
Was ist der Unterschied, wenn man weiß, dass deine Freunde oder deine Familie eines nicht natürlichen Todes sterben könnten?
Die haben sich nicht dafür entschieden, das ist der
Unterschied.
Wofür entschieden? Zu sterben?
Zu sterben.
Aber das entscheidet man doch auch nicht, wenn man eines natürlichen Todes stirbt.
Ich glaube doch. Tod ist eine Entscheidung. Die Natur
entscheidet. Aber wenn ein Mensch entscheidet, dass ich
oder jemand anderes sterben muss, dann ist das Scheiße.
Macht dich das sauer?
Richtig sauer.
Hat es dich erleichtert, dass es diese Gefahr nicht mehr so gibt, seitdem du aus Syrien weg warst?
Ja klar.
Sprichst du mit deiner Familie auch dadrüber? Dass die sterben könnten, bald.
Nein.
Warum nicht?
Angst, glaube ich. Ja, Angst vor dem Thema. Niemand redet
gerne darüber. Und meine Eltern wollen dort bleiben. Mein
Vater will seine Ruhe und das ist seine Entscheidung. Er
denkt, dass er nicht anders ist, als die anderen, die schon
gestorben sind. Und ich glaube, er hat keine Angst vor dem
Tod. Aber ich glaube auch, dass man das Leben mehr liebt, je
älter man wird.
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Was ist mit deinem eigenen Tod?
Hast du darüber nachgedacht?
Früher habe ich viel darüber nachgedacht, wie es wäre, wenn
ich sterbe. Wenn man in Damaskus auf die Straße geht, weiß
man nicht, ob man zurückkommt. 2011, also zu Beginn der
Revolution, war ich 18 Jahre alt. Als 18 jähriger Junge will
man ja eigentlich nur zur Uni, eine Freundin, ein normales
Leben. Ich bin dann schnell erwachsen geworden. Viele
meiner Nachbarn sind gestorben, auch Freunde. Viele sind im
Gefängnis gestorben, viele draußen. Und ja, das war das
tägliche Thema.
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Hast du Angst davor, zu sterben?
Ich glaube nicht.
Warum nicht?
Ich bin hier. In Sicherheit. Es gibt ein normales Leben hier.
Und wenn man stirbt, stirbt man. Angst vorm Sterben hat
man, wenn man in einer schlechten Situation ist, im Krieg zum
Beispiel. Sicherheit ist anders. Eigentlich hatte ich aber auch
in Syrien keine Angst vor dem Tod. Jeder stirbt.
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Hast du manchmal Angst vor der Zukunft?
Nein, nicht mehr. Wenn man Angst vor der Zukunft hat,
macht man nicht viel. Man kann nicht mehr denken.
Deswegen habe ich keine Angst. Besonders in meinem
letzten Jahr in Damaskus hatte ich wirklich viel Angst. Ich
wollte in Damaskus bleiben. Ich bin dort geboren, ich gehöre
zu dieser Stadt, mein Leben war dort. Aber die Situation war
zu gefährlich. Ich bin zufrieden, dass ich jetzt hier bin. Ich
mache wieder Dinge, gehe raus und habe keine Angst mehr.
Cihan
Hast du dich mit dem Thema Tod
schon einmal beschäftigt?
Ja, schon. Früher war ich der festen Überzeugung, dass es ein
Leben nach dem Tod gibt. Ich glaube auch immer noch
daran, weil ich mir nicht vorstellen kann, dass es dann
gänzlich zu Ende ist, das Sein. Und Religionen haben da eben
ganz konkrete Antworten drauf. Das finde ich tröstlich.
Würdest du dir wünschen, religiös zu sein?
Manchmal wünsche ich mir Halt von einer Religion, ja. Aber
ich habe keinen Bezug zu Religion. Trotzdem wäre es
manchmal hilfreich, wenn jemand sagen würde: „Hey, du
brauchst dir gar keine Sorgen zu machen, da wird etwas
sein.“
„Und wenn du dich nach unseren Regeln verhältst,
dann wird es auch gut.“
Und das finde ich dann wieder scheiße.
Eigentlich geht’s gerade ja um das, was nach dem Tod
kommt. Aber du hast mich ja nach dem Tod selbst gefragt.
Und ob ich mich schon mal damit auseinander gesetzt habe
oder ob ich da irgendwelche Gefühle dazu habe. Ganz klar,
ja! Ich hab Angst vor dem Tod. Ich weiß ja nicht, wie es sich
anfühlt zu sterben. Oder wie es ist, tot zu sein. Was ich
spannend finde, ist, sich vorzustellen, dass es im Schlaf in den
Phasen, in denen man nicht träumt, quasi so ist, als wäre man
tot, weil man sich über sich selbst in dem Moment nicht
bewusst ist. Wir erleben also eigentlich jede Nacht einen
kleinen Tod. Wir wachen nur morgens wieder auf.
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Leg dich mal hin, bevor du einschläfst und denk dir, was
wäre, wenn ich sterbe oder ich bin jetzt tot, ich werde
sterben, danach ist nichts mehr. Das ist ein ganz gruseliges
Gefühl.
Machst du das manchmal?
Ich hab das schon mal gemacht, ja. Das ist schon echt krass.
Noch eine gruselige Vorstellung ist, hirntot zu sein. Das heißt
dein Körper funktioniert mehr oder weniger, aber dein Hirn
ist nicht mehr aktiv. Dein Geist ist nicht mehr da. Wenn ich
darüber nachdenke, merke ich, wie wichtig mir
Selbstbestimmtheit bis in den Tod ist. Patientenverfügungen
und auch aktive Sterbehilfe, die es in Deutschland nicht gibt.
Wenn es nur noch weh tut, dann will ich sterben dürfen.
Ich frage mich, wie das ist, wenn man dann dem Tod wirklich
gegenüber steht.
Man sagt ja auch, dass Menschen, die vor dem Tod stehen,
sich aussuchen, vor wem oder wann sie sterben. Also ich
möchte darüber gerne selbst entscheiden. Und nicht im Sinne
von Suizid, sondern einfach dann, wenn es nicht mehr schön
ist.
Du hast vorhin gesagt, dass du schon Angst davor hast, weil du nicht weißt, was dann ist. Das Nichts können wir Menschen uns irgendwie nicht so gut vorstellen. Hast du das Gefühl, dass diese Angst dich in deinem Leben beeinflusst?
Nein, diese Angst begleitet mich nicht ständig. Nur wenn ich
mich aktiv damit beschäftige oder damit konfrontiert werde.
Der Tod kann ja auch was schönes, was erlösendes haben.
Nach einer langen Krankheit zum Beispiel. Die
Hinterbliebenen sind die einzigen, die Struggle mit dem Tod
haben. Alle sterben, das ist Gesetz. Ich versuche deshalb,
mein Leben mit tollen Momenten, mit tollen Menschen zu
füllen.
Glaubst du, es gibt einen Unterschied zwischen einem
natürlichen Tod und einem nicht natürlichen Tod?
Letztendlich ist tot tot. Tot ist tot. Wir haben Tod auch an
unserem Körper. Haare, Fingernägel, Hautschuppen. Das ist
ja alles totes Gewebe, das an uns haftet.
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Der Tod! Ich glaube, dass es einen Menschen ganz klar
behindert, wenn die Gedanken nur darum kreisen. Für Kinder
ist das ganz anders. Ich arbeite mit Kindern und letztens
haben wir darüber gesprochen. Ein Kind war gerade nicht da
und ein anderes Kind sagte, die Person sei weg. Aber die
kann ja nicht gänzlich weg sein, das habe ich versucht zu
erklären. Und dann sagte das Kind: „Stimmt. Die Person ist
dahinten irgendwo. Wenn die ganz weg wäre, dann wär die ja
tot.“ Ich finde aber, das ist ein interessanter Gedanke: Stell
dir vor, du bist ein Badesalz und du löst dich in der
Badewanne auf. Dann siehst du das Badesalz nicht mehr, aber
das ist ja nicht weg.
Das ist interessant sich zu überlegen, wann wir denn
eigentlich weg sind. Also, sind wir in dem Moment weg, in
dem wir für tot erklärt werden? Solange man noch über einen
Menschen redet, zum Beispiel, ist er ja nicht ganz weg. Dann
ist er vielleicht wie das Badesalz: Noch da, aber nicht mehr in
der Form da, wie wir ihn kannten.
Als Kind hab ich mir immer vorgestellt, dass die Seele nach
dem Tod noch irgendwo herum schwirrt. Ganz kindlich. Und
solange ich nur immer wieder an die Verstorbenen denke,
schicke ich denen Signale, Futter von den Lebenden. Das hab
ich früher immer gedacht.
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Wie würdest du denn gerne sterben?
Am Liebsten natürlich so ganz romantisch: Einfach
einschlafen.
Alt werden, keine Schmerzen, keine Krankheit,
ja klar, tot umfallen.
Ja genau. Schneller Tod natürlich.
Ich glaube, davon träumen alle.
Das Leben gelebt haben. Ich will alle Erfahrungen
mitnehmen. Dann will ich mich zur Ruhe setzten, zur Ruhe
legen, eigentlich. Dann einfach schlafen, einschlafen. Ich will
auch gerne, dass die Leute mich nach meinem Tod nicht
betrauern. Sondern dass die sagen: „Coole Person, die hat
ihr Leben gelebt. Schön, dass sie es mit uns geteilt hat.“
Deswegen will ich meinen Tod ja selbst auch bestimmen
können. Wenn ich zu lange leide, will ich sagen können, wann
Schluss sein soll. Vielleicht ist es aber ja auch gar nicht so,
dass ein Moment kommt, an dem man sterben will. Ich bin
jedenfalls erst 30, an dem Punkt bin ich noch gar nicht.
Marcos
Hast du dir schonmal über deinen eigenen Tod
Gedanken gemacht?
Ja, das hab ich schon vor ein paar Jahren gemacht. Als mein
Lieblingscousin gestorben ist, er hat sich das Leben
genommen. Das war für mich und meine Familie ziemlich
hart. Da hab ich mich gefragt, was mir der Tod und vielmehr
noch das Leben eigentlich bedeuten.
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Und was war deine Erkenntnis dazu?
Dass ich mir nicht das Leben nehmen würde. Allein schon
wegen meiner Familie. Grundsätzlich sehe ich den Tod aber
sehr entspannt, er gehört zum Leben. Er ist einfach nur das
Ende.
Hast du keine Angst davor?
Nein, gar nicht! Ich hab auch keine Angst, irgendwas zu
verpassen. Wenn ich sterbe, will ich nur schnell sterben. Ich
habe eine Tochter, von ihr würde ich schon gerne noch viel
miterleben, aber ich denk immer, wenn man tot ist, ist es
sowieso vorbei.
Bist du gläubig?
Nicht im katholischen Sinne, wie ich erzogen wurde.
Aber du hast doch ein Kreuz in den Nacken tätowiert!
Es sind die Werte, die ich gut finde. Ein Kreuz hat viel mehr
zu sagen. Es symbolisiert die Verbindung zwischen der Erde
und dem, was vielleicht oben ist. Ich weiß nicht, ob es da
einen Gott gibt. Aber ich glaube, irgendwas ist da.
Glaubst du, da ist auch nach dem Tod noch irgendwas?
Ich glaube nicht an ein Paradies oder eine Hölle. Ich glaube,
wir hinterlassen einiges hier, eine Spur. Was man in seinem
Leben gemacht hat, ist das, was zählt und den eigenen Tod
überdauert. Ich glaube nicht, dass man sich nachher irgendwo
trifft oder sowas. Wenn man tot ist, ist es vorbei.
Hat das einen Einfluss auf's Leben?
Ja. Ich glaube deswegen ans Jetzt. Das, was wir haben, ist
das Heute und das ist für mich viel das Wertvollste. Was
danach ist, weiß ich nicht. Das Einzige, was ich weiß, ist, dass
wir jetzt hier leben und dass man jetzt hier was ändern kann.
Das gibt mir Kraft. Ich kann aber auch verstehen, dass viele
Menschen eine Religion brauchen, weil sie vor dem Tod
Angst haben.
Was glaubst du, warum haben die Angst?
Im Endeffekt hat wahrscheinlich jeder Angst vor dem Tod.
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Irgendwie kann ich mir ein Nichts nicht vorstellen.
Ich weiß, was du meinst, ja. Aber wenn meine Tochter und
meine Nichte dann irgendwann mal Geschichten über mich
mal erzählen, dann ist das nicht nichts.
Glaubst du, dass du irgendwie anders darüber denkst,
seitdem du Vater bist?
Nein! Ich würde schon gerne sehen, wie sie groß wird. Aber
wenn ich jetzt hier rauslaufe und überfahren werde, dann ist
das halt so.
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Ja, darauf hast du keinen Einfluss. Ich hatte aber jetzt gerade
den Eindruck, dass es schon ein schönes Gefühl für dich ist,
dass dann die nächste Generation vielleicht noch von dir
erzählt. Also, dass du etwas hinterlässt.
Das würde ja so oder so passieren.
Auch ohne Tochter...
Ja. Mein Bruder, meine Schwester, meine Eltern, wenn ich vor
denen sterbe, meine Freunde. Die würden dann erzählen.
Und irgendwann endet auch das, irgendwann erzählt keiner
mehr deine Geschichten.
Das ist irgendwie auch eine Art von Tod.
Ja, irgendwie schon. Und das ist auch okay so.
Simone
Du hast gesagt, du brauchst nur ein Wort, wenn du an das
Thema Tod denkst. Was ist denn das für ein Wort?
Erlösung.
Hast du gar keine Angst davor?
Du wirst nicht gefragt, ob du geboren werden willst. Du wirst
in das Leben hineingezwungen und es steckt voller
Erwartungen an dich. Und deshalb finde ich, Tod ist Erlösung.
Das heißt aber nicht, dass ich jetzt schon sterben will.
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Ich hab eher Angst, dass ich die Erwartungen, die an mich
gestellt werden, nicht erfüllen kann.
Tod ist also auch Erlösung von den ganzen
Erwartungen, die an einen gestellt werden?
Ja, auch. Klar. Vor dem Sterben habe ich jedenfalls keine
Angst. Naja, ich weiß nicht ob das Angst ist. Im Moment eher
ein Nicht-Gehen-Wollen.
Macht es einen Unterschied, ob man eines natürlichen Todes
stirbt oder nicht?
Naja, tot ist man ja trotzdem. Man stirbt und man ist tot. Und
ob danach etwas kommt, das weiß man nicht. Für die
Hinterbliebenen macht es einen Unterschied. Da bleibt bei
einem nicht natürlichen Tod immer die Frage, was wäre,
wenn... Wobei man das auch so sehen könnte, dass die
Lebenszeit dann abgelaufen ist. Wenn man einen höheren
Plan glaubt.
Das heißt also, Erlösung ist es für die Person, die stirbt und
der Tod ist eigentlich nur etwas, was Menschen beschäftigt,
die noch leben?
Ja.
Hast du manchmal Zukunftsangst?
Ja klar. Du auch?
Ja.
Hat jeder glaube ich. Es kann ja immer was passieren. Es
muss ja nicht mit dem Tod zusammenhängen. Sondern auch
so: Du verlierst deinen Job, du verlierst deinen Freund...
Ich frage mich oft „Was soll eigentlich werden?“.
Aus logischer Sicht sollte man auch keine Kinder bekommen.
Schau dir das an, mit den ganzen Kriegen, mit der Umwelt
geht’s bergab. Wenn die dann erwachsen sind, dann sind
schon wieder 20 Jahre rum, von jetzt an. Und was ist dann?
Dann wird’s immer schlimmer.
Ja, aber genau das ist ja die Frage.
Das haben die Leute in den 70er Jahren auch gesagt.
Es ist ja auch schlimmer geworden. Auch wenn das hier in
Deutschland noch nicht so drastisch ist, auch wenn wir in
keinem Krisengebiet leben oder sowas.
Und eigentlich in einem Land, in dem es immer genug
Wasser gibt, gab. Letzten Sommer konnten die Schiffe auf
dem Rhein nicht mehr fahren, weil der so leer war.
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Machst du dir da mehr über deinen eigenen Tod Gedanken
oder über den von allen?
Über meinen Tod mache ich mir kaum Gedanken, eher über
den meiner Angehörigen. Denn wenn ich dann tot bin, dann
kümmert mich das ja nicht mehr. Aber wenn meine Mama
stirbt, dann kümmert mich das schon.
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Du hast eigentlich recht. Ich hab da noch nie so drüber
nachgedacht. Der eigene Tod ist eigentlich völlig egal.
Dann ist man ja eh tot.
Ja. Nur leiden will ich nicht, keiner will das. Einfach
einschlafen und nicht wieder aufwachen oder tot umfallen.
Berthoise
Hast du dir schonmal über deinen eigenen
Tod Gedanken gemacht?
Früher hab ich das viel gemacht, ja. Das ist in einer Zeit ein
wichtiges Thema gewesen, in der mein Glaube nicht mehr so
stark war. Da hatte ich auch Angst davor. Aber seitdem ich
meinen Glauben wiedergefunden habe, lebe ich einfach. Ich
weiß, dass ich irgendwann sterben werde; nicht wie, nicht wo
und nicht wann. Aber es wird passieren. Und weil ich so fest
an Gott glaube, habe ich keine Angst mehr. Ich denke nur an
das Jetzt. Für mich ist es wichtig, das Leben zu genießen und
gut zu sein, mit Gott an meiner Seite.
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Und wie führst du so ein Leben? Was bedeutet das?
Die zehn Gebote sind die Basis. Daran will ich mich halten.
Wir alle machen Fehler, aber es ist wichtig, es einzusehen,
wenn du einen Fehler gemacht hast. Nächstenliebe ist
wichtig, anderen Menschen verzeihen können. Und selbst um
Verzeihung bitten. So ist das für mich, ein einfaches Leben:
Gut zu anderen sein, aus dem Schlechten lernen.
Gibt es also jemanden, der entscheidet, wann du stirbst?
Gott weiß, wann ich sterben werde, ja. Weil er uns geschaffen
hat. Und er kennt unser Schicksal. Er ist der Einzige, der das
weiß.
Beruhigt es dich, zu wissen, dass es einen Plan gibt?
Wenn du fest an Gott glaubst, wird er dir deinen Weg zeigen.
Es wird uns immer Hindernisse stellen, er will uns prüfen, um
uns stark zu machen. Und wenn du gar nicht glaubst, dann
bist du verloren.
Glaubst du, du kommst ins Paradies?
Ich weiß es nicht. Aber ich versuche es. Ich wäre sehr
glücklich darüber. Deswegen habe ich gesagt, dass ich so gut
leben will, wie ich kann. Und dafür bete ich. Dass er mir hilft,
ins Paradies zu kommen.
Wie ist das Paradies?
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Da gibt es keinen Schmerz. Das Paradies ist Freiheit, Liebe.
Nur Gutes, bei Gott. Das Paradies ist für die treuen
Gläubigen.
Du hast eben gesagt, du konzentrierst dich auf den Moment.
Wenn du sagst, du tust alles, um ins Paradies zu kommen,
dann hat das doch bestimmt einen großen Einfluss darauf,
wie du lebst. Also lebst du schon mit dem Blick auf den Tod,
oder?
Ja, ich will ins Paradies. Dafür will ich ein guter Mensch sein.
Wir wissen, dass wir alle sterben werden. Deswegen kann ich
mich auf das Jetzt konzentrieren. Wenn du Angst hast,
bedeutet das, dass dein Glaube nicht so fest ist.
Es gibt ja auch Menschen, die glauben, dass nach dem Tod
nichts ist. Kannst du verstehen, dass es auch diese
Auffassung vom Tod gibt?
Ja klar. Diese Menschen sagen, sie werden zu Staub. Aber
was ist mit dem Geist? Der Geist geht hoch zum Jüngsten
Gericht und entscheidet darüber, ob wir ins Paradies oder ins
Feuer gehen. Das glaube ich ganz fest.
Hat Gott eigentlich auch einen Plan für mich,
obwohl ich nicht an ihn glaube?
Ja, für alle. Der Plan ist der Weg, wie man zu Gott kommt.
Die Entscheidung, ob du diesen Weg gehen willst, trifft aber
nicht mehr Gott. Die trifft jeder hier auf der Erde: ob er
glaubt und ins Paradies gehen will.
Was ist, wenn Gottes Plan ist, dass ich mit 30 sterbe
und ich will das nicht?
Wenn er das sagt, dann wird das so passieren. Ob du willst
oder nicht. Aber wenn du an ihn glaubst, dann wirst du sogar
froh sein. Weil es bei ihm schön ist.
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April 2019, Kunsthochschule für Medien Köln